#170 | Von Modedruck bis Schalke – Frauenfußball-Boom in Weida

Der Frauenfußball in Thüringen kann in der Vergangenheit auf einige Erfolge zurückblicken. Der USV Jena wurde 1991 letzter ostdeutscher Frauenfußballmeister und die Nachwuchsförderung hat mit Anna Blässe eine außerordentlich erfolgreiche deutsche Profifußballerin hervorgebracht. Doch in der Zwischenzeit machen sich die Verantwortlichen in Vereinen und Verbänden ernsthafte Sorgen um die Zukunft des Frauenfußballs. Auch nach dem Wechsel der Spielrechts vom FF USV Jena zum FC Carl Zeiss konnte die Klasse der Fußball-Bundesliga nicht gehalten werden. Dramatischer ist es in der Fläche. Dort droht der Frauenfußball von den Sportplätzen zu verschwinden. Anfang der 2000erJahre gab es noch knapp 40 Großfeldmannschaften in Thüringen. Aktuell sind es nur noch 17 Teams, die auf dem Großfeld mit 11 Fußballerinnen antreten können. In dieses traurige Bild will die Situation in der 8.300 Einwohner-Stadt Weida in Ostthüringen nicht passen. Im Mai 2020 wurde ein neuer Vorstand gewählt, der sich für die kommende Legislaturperiode das Motto „,Modern, Innovativ und familienfreundlich‘‘ gab. Und da war es dann nur konsequent, dass auf dem traditionsreichen Sportplatz Roter Hügel seit 2020 auch Frauen Fußball spielen. Welche Entwicklung das Team in den vergangenen 24 Monaten nahm und was die Gründe für einen wahren Zuschauer-Boom sind, erklären die beiden Fußballerinnen Tina Pieper und Selina Rolle im Podcast.

Geschichte

Der Geraer Frauenfußball im Zwötzener Stadion der Textilarbeiter hat eine lange und erfolgreiche Geschichte. Im damaligen Bezirk Gera waren die 1973 gegründete Frauenfußballabteilung der BSG Modedruck Gera sogar viele Jahre dominierend und nahmen die an der Bestenermittlung in der DDR teil. Erst Mitte der 1980er Jahre übernahm die von Hugo Weschenfelder trainierte HSG Uni Jena die Vorherrschaft.

1990 gewann Modedruck Gera sogar die inoffizielle DDR- Meisterschaft im Hallenfußball. Im selben Jahr gelang der Aufstieg in die Oberliga. Nach Aufwertung und Umbenennung der Spielklasse zur Regionalliga Nordost wurde bis zum Abstieg im Jahr 2000 stets die Klasse gehalten. Der größte Erfolg in dieser Zeit war der vierte Platz 1992.

1998 gewannen die Fußballerinnen des TSV Gera-Zwötzen mit 4:1 im Finale des Thüringenpokal gegen den USV Jena. Das Finale fand anlässlich der Feier „25 Jahre Frauenfußball in Gera-Zwötzen“ am 20.6.1998 in Gera statt. Der Verlegung vom eigentlich geplanten Finalort Neustadt an der Orla nach Gera stimmten die USV-Damen zu, wofür sie mit dem DFB-Fairnesspreis 1998 geehrt wurden.

In der folgenden 1. Runde des DFB-Pokals unterlag der TSV gegen den  Bundesligisten WSV Wolfsburg-Wendschott (schloss sich 2003 dem VfL Wolfsburg an) mit 0:3.

Ab 2003 traten die Fußballerinnen als 1. FC Gera 03 an. Nach mehreren Jahren Aufenthalt in der Landesliga Thüringen schaffte die Mannschaft 2006 den Wiederaufstieg in die Regionalliga Nordost. 2008 konnte Gera den Thüringenpokal gewinnen und qualifizierte sich für den DFB-Pokal. Dort unterlag man in der 1. Runde gegen den benachbarten Bundesliga-Aufsteiger FF USV Jena.

Durch den vorletzten Platz in der Saison 2009/10 musste die Mannschaft erneut in die Verbandsliga absteigen. Da zahlreiche Spielerinnen nach dem Abstieg den Verein verließen, wurde mit der Frauenmannschaft der BSG Wismut Gera die Spielgemeinschaft SG Gera gebildet. Diese trat in der Saison 2010/11 in der Verbandsliga Thüringen an.

Im 29. April 2011 gründeten die Spielerinnen der SG Gera den FFC Gera, der gleich in seiner ersten Saison Thüringenmeister 2012 wurde. Auf einen möglichen Aufstieg in die Regionalliga wurde allerdings verzichtet.

Im Jahre 2015 erreichte die Mannschaft das Endspiel um den Thüringenpokal und traf dort auf die zweite Mannschaft des FF USV Jena. Da die Jenaerinnen nicht teilnahmeberechtigt waren, qualifizierte sich der FFC Gera für den DFB-Pokal 2015/16. Nach einer 0:12-Heimniederlage gegen den Zweitligisten FSV Gütersloh 2009 schied der FFC Gera jedoch schon in der ersten Runde aus.

Zum Abschluss der Saison 2015/16 lag der FFC auf dem 3. Platz der Verbandsliga. Der Meister FF USV Jena III durfte nicht und der SV SCHOTT Jena wollte nich in die Regionalliga aufsteigen. Als Tabellendritter gab es dann zwei Relegationsspiele und zwei Niederlagen (0:2 beim Bischofswerdaer FV und 0:5 gegen den FSV Babelsberg 74).

Nach dem freiwilligen Rückzug aus der Verbandsliga spielte der FFC Gera 2019 in der Landesklasse, Staffel 1. Nur ein Jahr später wechselte das Team in den Spielbetrieb nach Sachsen-Anhalt, weil es in Thüringen zu wenig Teilnehmer für eine Kleinfeldliga gab. Im Mai 2021 war dann endgültig Schluss. Zehn Jahr nach der Gründung endet die Geschichte des FFC Gera und damit auch die historische Linie der ehemaligen BSG Modedruck. Auf die Frage ob man zu Wismut oder Pforten wechseln wollte, entschied sich der Großteil der ehemaligen FFC-Spielerinnen für die Wismut, die allerdings die Saison 2021/22 aus Personalgründen nicht zu Ende spielen konnte und die Mannschaft aus der Verbandsliga zurückzog.

Im Gegensatz dazu ist die Mannschaft der Frauen des FC Thüringen Weida weiterhin in der Verbandsliga vertreten. Der Grundstein für den Frauenfußball in der Osterburgstadt Weida wurde am 28.05.2020 zur Mitgliederversammlung gelegt, als sich der Vorstand vom FC Thüringen Weida stark verjüngt hatte. Da das Vereinsleben stillstand und Impulse gefehlt haben, gründete Nick Schubert eine Frauenmannschaft. Zu Schiedsrichtereinsätzen in Dänemark und Norwegen stellte er nämlich fest, dass fast jeder Verein eine Frauenabteilung besitzt: ,,Ich war vom Feeling auf den Sportanlagen begeistert. Hier sah ich ein lebendiges Vereinsleben mit Kindern, Männern und Frauen. Jeder hat sich eingebracht und die Gemeinschaft war mit Freude dabei‘‘.

Dies nahm sich der Vizepräsident als Vorbild und initiierte das Projekt. Zuerst verpflichtete er Selina Rolle als sportliche Leiterin, welche in Erfurt Erfahrungen in der 3. Liga gesammelt hatte. Zudem wurde das Projekt auf Facebook, Instagram und im Radio beworben. So konnte der FC Thüringen Weida am 26.06.2020 zur ersten Trainingseinheit knapp 20 Frauen begrüßen. Durch die vielen Anmeldungen konnte die Vereinsführung eine Frauenmannschaft für den Spielbetrieb melden, welche am 6. September 2020 mit einer 0:12 Niederlage gegen Carl Zeiss Jena III in der Thüringenliga Staffel Ost startet. Am 20. September 2020 gab es auf dem Roten Hügel den 1. Punkt. Beim 1:1 gegen die SG FSV Einheit Eisenberg erzielte Verena Schürer in der 27. Minute das 1. Punktspieltor für die Weidaer Mannschaft. Lieder blieb der erste Punktgewinn auch der einzige in der Saison 2020/21. Somit landete die Mannschaft zum Zeitpunkt des coronabedingten Saisonabbruchs auf dem 9. und damit letzten Tabellenplatz. Im Pokalhalbfinale verlor das Team 0:6 gegen Lok Meiningen.

Der Einzug ins Halbfinale gelang auch in der 2. Saison. Auch dort scheiterte Weida im Pokalhalbfinale gegen die Saalfeld Titans mit 3:6 und verpasste damit die Chance auf den Einzug in den DFB-Pokal. In der Liga erreichte das Team um Kapitänin Tina Pieper und Trainer Robert Beetz den 4. Tabellenplatz. Historisches geschah am 10. Oktober auf dem Rasenplatz des Stadion des Friedens in Eisenberg. Melissa Lautenschläger (74.) und Verena Schürer (88.) gelang es mit ihren Toren die 1:0 Führung der SG FSV Einheit Eisenberg zu drehen und somit den 1. Punktspiel und Pflichtspielsieg der Weidaer Frauenmannschaft vor 134 Zuschauern sicherzustellen.

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