Thema der Woche: Vom Hooligan zur Klubkontroverse

Olivier Mottar ist seit Jahrzehnten eine prägende Figur in der Molenbeeker Fanszene. Er galt lange als führender Kopf der Molenbeek Casual Firm (MCF), einer berüchtigten Ultra- und Hooligan-Gruppe von RWDM, die für ihre straffe Organisation, ihren kompromisslosen Auftritt und ihre Gewaltbereitschaft berüchtigt ist. Die MCF versteht sich als elitäre Faneinheit nach englischem Vorbild: stilisierte Kleidung, klandestine Treffen und gezielte, oft konfrontative Aktionen bei Heim- und Auswärtsspielen. Belgischen Medien zufolge summierten sich Mottars Stadionverbote auf rund 15 Jahre. (bruzz.be; voetbalkrant.com)

Mit Flip-Flops zum Mannschaftstraining

Kurz vor dem Ligaspiel gegen Eupen sowie dem prestigeträchtigen Derby gegen die Rivalen von Royale Union Saint-Gilloise kam es zu einer besonders symbolträchtigen Protestaktion beim Mannschaftstraining von RWDM, die für europaweite Beachtung und in großen Teilen auch für Spott sorgte.

Im niederländischen Original hieß es:

„Symbolisch werd voor de start van het gesprek een truitje van RWDM op de grond gelegd en wilden de fans strandslippers overhandigen. ‘Wie zijn voeten veegt aan onze club, heeft met ons te doen. En wie denkt dat het hier Club Med is, die mag de teenslippers aannemen en meteen ook vertrekken. Als jullie zondagavond op het veld staan tegen Eupen, denk dan aan onze boodschap, want deze keer gaan we dit niet blauw-blauw laten. Als het moet zullen we de match stilleggen.“ Auf Spandoeken stond zaterdagavond te lezen: „Overwinning of ontslag van de trainer“.

Übersetzung:

„Symbolisch wurde vor Beginn des Gesprächs ein RWDM-Trikot auf den Boden gelegt, und die Fans wollten Badelatschen überreichen. ‘Wer sich die Füße an unserem Klub abwischt, bekommt es mit uns zu tun. Und wer denkt, dass es hier Club Med ist, der darf die Flip-Flops annehmen und sofort wieder gehen. Wenn ihr am Sonntagabend gegen Eupen auf dem Platz steht, denkt an unsere Botschaft, denn diesmal lassen wir das nicht einfach so durchgehen. Falls nötig, werden wir das Spiel unterbrechen.“ Auf Transparenten war am Samstagabend zu lesen: „Sieg oder Rücktritt des Trainers“.

Auf den Videos bzw. den im Bericht abgebildeten Fotos ist Olivier Mottar klar als führende Person dieser Aktion zu erkennen. (hln.be)

Überraschende Klubrolle und schnelles Ende

Im Sommer 2025 verpflichtete RWDM Mottar offiziell als Verantwortlichen im Bereich „Supporter-Branding“ und Sicherheitsbetreuung. Ziel war es, seine Szene-Kenntnisse zu nutzen, um Spannungen zwischen Fans und Verein abzubauen. Mottar selbst formulierte es sinngemäß als: Er wolle „das Schild, nicht das Schwert“ sein. (Quelle: La Dernière Heure via Football-Addict; bruzz.be)

Bereits nach drei Monaten trennten sich Klub und Mottar jedoch „in gegenseitigem Einvernehmen“. Offizielle Gründe nannte RWDM nicht, in der Presse wurden Image- und Sicherheitsbedenken als mögliche Faktoren genannt. (voetbalkrant.com)

Sportliche Situation von RWDM

RWDM (Racing White Daring Molenbeek) spielte in der Saison 2024/25 nach dem Abstieg in der 2. belgischen Liga und verpasste aber den direkten Wiederaufstieg in die höchste Liga knapp. Nun startet der Verein in der Saison 2025/26 erneut in der 2. Division (Challenger Pro League) – mit klarem Ziel: Aufstieg in die Jupiler Pro League. Die sportliche Lage gilt als angespannt, weil sowohl die Kaderplanung als auch das Umfeld von hohen Erwartungen und dem Druck der treuen, aber kritischen Fanszene geprägt sind. Mottar darf wohl als kompromisslose Führungsfigur einer Szene bezeichnet werden, die keine Scheu hat, den Verein öffentlich und medienwirksam unter Druck zu setzen. Seine Berufung in eine offizielle Sicherheits- und Fanbetreuerrolle steht dazu in starkem Kontrast und wirft somit viele Fragen auf. Warum das Experiment dann so schnell beendet wurde, ist eine weitere Frage, deren Antwort bisher nicht gefunden wurde.

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