In der 69. Ausgabe des Podcast Orange geht es um einen gefährlichen Coronavirus, verantwortungslose Fußballverbände und gesellschaftliche Verantwortung. Bleibt gesund und haltet zusammen!
Wie wird das neuartige Coronavirus übertragen?
infektionsschutz.de: „Das neuartige Coronavirus ist von Mensch zu Mensch übertragbar. Der Hauptübertragungsweg scheint die Tröpfcheninfektion zu sein. Diese Übertragung kann direkt von Mensch zu Mensch erfolgen, wenn Virus-haltige Tröpfchen an die Schleimhäute der Atemwege gelangen. Auch eine Übertragung durch Schmierinfektion über die Hände, die mit der Mund- oder Nasenschleimhaut sowie mit der Augenbindehaut in Kontakt gebracht werden, ist prinzipiell nicht ausgeschlossen, spielt aber vermutlich nur eine untergeordnete Rolle. Die neuartigen Coronaviren wurden auch in Stuhlproben einiger Betroffener gefunden. Ob das neuartige Coronavirus auch über den Stuhl verbreitet werden kann, ist noch nicht abschließend geklärt.“
https://www.infektionsschutz.de/coronavirus-sars-cov-2.html
Wie lange dauert es, bis die Erkrankung nach Ansteckung ausbricht?
bundesgesundheitsministerium.de: „Derzeit wird davon ausgegangen, dass es nach einer Ansteckung bis zu 14 Tage dauern kann, bis Symptome auftreten. Im Durchschnitt beträgt die Inkubationszeit laut WHO fünf bis sechs Tage.“
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus.html
Welche Symptome ruft das Virus Sars-CoV-2 hervor?
NDR Ratgeber: „Das Coronavirus löst eine Grippe-ähnliche Erkrankung aus, wobei die Symptome eher unspezifisch sind: Husten, Schnupfen, Halskratzen und Fieber, einige Betroffene leiden auch an Durchfall. Bei einem Teil der Patienten kann das Virus zu Atemproblemen und einer Lungenentzündung führen. Eine spezielle Therapie zur Behandlung der Erkrankung gibt es bislang nicht. Die Symptome können aber mit Medikamenten gemildert werden.“
https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Coronavirus-Fragen-und-Antworten,corona100.html
Noch gibt es in Deutschland recht wenige Infizierte. Warum ist es denn so wichtig, die Ausbreitung des Virus zu bremsen?
Christian Endt, Michael Mainka und Sören Müller-Hansen in der Süddeutschen Zeitung: „Um zu verstehen, warum das neue Coronavirus so gefährlich ist, muss man sich klarmachen, was exponentielles Wachstum bedeutet. Beim exponentiellen Wachstum dagegen findet in einem festen Zeitraum jeweils eine Verdopplung der Fallzahl statt. Exponentielles Wachstum ist gefährlich, weil man es am Anfang leicht unterschätzt. Denn zu Beginn läuft die Kurve gemächlich vor sich hin. Dann wird sie immer steiler und schießt bald nahezu senkrecht nach oben. Und die Kurve der Coronafälle sieht in allen Ländern mit größeren Ausbrüchen sehr ähnlich aus.“
https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/wissen/coronavirus-die-wucht-der-grossen-zahl-e575082/
Warum wird in Deutschland so eine „Panik“ gemacht? Jeder kann doch entscheiden, ob er an einer Veranstaltung mit 999 Gästen teilnimmt.
Primar der Lungen-Abteilung im Krankenhaus von Bergamo, Fabiano di Marco, gegenüber Rai Südtirol: „Bei den Patienten hat eine große Anzahl eine schwere Lungenentzündung, die auf der Intensivstation behandelt werden muss. Und obwohl wir wirklich alles Menschenmögliche versucht haben, nicht nur das Krankenhaus von Bergamo, sondern die gesamte Lombardei, sind die benötigten Plätze mehr als wir zur Verfügung haben.“
„Die italienische Gesellschaft für Intensivmedizin und Anästhesie hat Richtlinien verbreitet, nach welchen Kriterien die zu behandelnden Patienten ausgewählt werden sollen – für den Fall, dass die Zahl der Patienten höher ist als die Anzahl der zur Verfügung stehenden Betten.“
https://www.rainews.it/tgr/tagesschau/articoli/2020/03/tag-Fabiano-Di-Marco-Coronavirus-Bergamo-5281e052-4ae9-4664-a953-702dffa0f18c.html
Welche Personengruppen haben wenig zu befürchten?
Professor Ulf Dittmer, Direktor am Institut für Virologie in Essen, gegenüber derwesten.de: „Am wenigsten haben Kinder zu befürchten. Kinder, die in einem Umfeld mit infizierten Erwachsenen leben, waren teilweise gar nicht infiziert. Es hat nur ganz wenige schwere Verläufe bei Kindern gegeben, selbst in China.
Mit dem Immunsystem von Kindern ist das nicht erklärbar. Es gibt ganz neue Befunde darüber, was eigentlich der Rezeptor des Coronavirus ist – also das Protein, das das Virus braucht, um in die nächste Zelle eindringen zu können. Zudem wird noch ein zweites Protein zur Infektion benötigt. Vielleicht liegt es an der Verteilung dieser beiden Proteine, dass Kinder besser vor dem Coronavirus geschützt sind.“
Was sind die Riskogruppen?
Prof. Dr. Christian Drosten, Leiter der Virologie an der Berliner Charité, im Podcast des NDRinfo: „Das haben wir ja schon besprochen, das sind vor allem die Älteren, und zwar vor allem über 65. Da steigt die Fallsterblichkeit rapide. Während wir in den Gruppen unterhalb von 60 (und dann noch viel deutlicher unterhalb von 50 Jahren) – ich will jetzt diesen Begriff einfach noch mal sagen – eine Erkältungskrankheit haben, auch wenn ich dafür wieder angegriffen werde. Aber irgendwie muss man sich die Dinge ja vorstellen können.
Und so ist es nun mal: Wir haben in diesen jüngeren Bevölkerungsgruppen eine Erkrankung, die nicht sehr stark zu Buche schlägt, in Form von Todesfällen. Und wir haben weit überproportional ein Anwachsen der Todesfälle in den älteren Bevölkerungsgruppen.
Dann haben wir zusätzlich noch in allen Bevölkerungsgruppen wahrscheinlich ein höheres Risiko bei Grunderkrankungen. Das können Patienten mit Immunsuppression sein, mit Tumorerkrankungen. Es können aber auch Patienten mit metabolischen Grunderkrankungen sein, also Diabetiker, Personen, die einfach einen hohen Körperfett-Index haben.
Und Personen, die auch aus anderen Gründen an Herz und Lunge vorgeschädigt sind. Vor allem Herz-Vorgeschädigte scheinen betroffen zu sein. Wir haben also wenige, aber besonders zu schützende Personen in den jüngeren Bevölkerungsgruppen. Und wir haben eine gesamte ältere Bevölkerungsgruppe, wo wir sagen können, das Rentenalter ist ein guter Maßstab.
Jenseits des Rentenalters muss man die Bevölkerung wirklich schützen. Dann haben wir eine neue Arbeitshypothese für all diese Planungsbereiche.“
https://www.ndr.de/nachrichten/info/9-Wir-muessen-die-aelteren-Menschen-schuetzen,audio650168.html
Wie hoch ist der Anteil der komplikationslos verlaufenden Infektionen?
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verlaufen rund 80 Prozent der Covid-19-Infektionen mild. Knapp 14 Prozent der Betroffenen entwickeln schwere Symptome wie Lungenentzündungen, Atemnot oder Sepsis. Etwa 5 Prozent erkranken so schwer, dass sie beatmungspflichtig werden.
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/therapieempfehlungen-fuer-intensivpflichtige-patienten/
Was bedeutet dies für Thüringen?
Laut Statistik werde im Freistaat damit gerechnet, dass in den kommenden zwei Jahren 1,5 Millionen Menschen Träger des Coronavirus sein werden, so Ramelow nach einer Beratung der Ministerpräsidenten im Bundeskanzleramt am Donnerstag. Bei 80 Prozent davon werde mit einem leichten Verlauf gerechnet. 60.000 Menschen brauchen den Berechnungen nach eine akute Betreuung.
https://www.mdr.de/thueringen/coronavirus-ramelow-ankuendigung-100.html
Was ist bei COVID-19-Verdacht zu tun?
TMASGFF: „Personen mit COVID-19-Symptomen, die sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben, sollen bitte ihren Hausarzt telefonisch zur weiteren Abklärung kontaktieren. Nicht ins volle Wartezimmer setzen! Außerhalb der Sprechzeiten erreichen Sie den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Rufnummer 116 117.
Wer mit einer Person Kontakt hatte, bei der COVID-19 durch ein Labor nachgewiesen wurde, soll sich bitte unmittelbar an das zuständige Gesundheitsamt wenden.
Wer dort keine Antwort findet, kann sich außerdem an die Hotline des Thüringer Landesamtes für Verbraucherschutz wenden: 0361 57-3815099 (Montag bis Freitag von 9:00 – 12:00 Uhr und von 13:30 – 15:00 Uhr“.
https://www.tmasgff.de/covid-19
Virenpartys, Atemschutzmasken und Dosenravioli …
Alina Schadwinkel bei spektrum.de: „Es gibt Gruppen, die Viren-Partys in Erwägung ziehen, damit man das Ganze durch hat und selbst immun ist. Einzelne kaufen und horten Atemschutzmasken, Desinfektionsmittel und Klopapier in Mengen, ohne Rücksicht auf andere. Oder stehlen all diese Dinge sogar. Und noch am Wochenende waren allein beim Fußballspiel Gladbach gegen den BVB aus Dortmund rund 54 000 Menschen im Stadion. Das ist unverantwortlich. Das ist egoistisch. Das ist beschämend.
Eine Viren-Party in Kauf zu nehmen, bedeutet, bewusst das Risiko einzugehen, seine Eltern und Großeltern anzustecken. Menschen also, die bekanntlich besonders gefährdet sind, schwer zu erkranken. Gesunde haben Kranke und Pflegepersonal um ihre Masken gebracht. Und sich Schulter an Schulter erst in Regionalzüge und Bahnen und anschließend auf Tribünen zu drängen, bedeutet tausende Leute, die untereinander Schleim und Tröpfchen austauschen.“
Sobald im Frühling die Temperaturen steigen, sinkt die Grippe- und Erkältungsgefahr. Gilt das auch für das neue Coronavirus?
Spiegel.de: Bisher sind viele Wissenschaftler davon ausgegangen, dass Sars-CoV-2 – wie etwa auch Influenza-Erreger – in den Sommermonaten zurückgehen würde. Neue Studien weisen nun darauf hin, dass die Viren nicht so empfindlich auf die Temperaturunterschiede reagieren werden, wie anfangs gedacht.
„Meine Einschätzung bezüglich der weiteren Entwicklung in Deutschland hat sich in der vergangenen Woche durch eine Studie geändert: Eine Modellstudie aus den USA prognostiziert, dass Temperatureffekte auf das Virus relativ klein sind“, sagte Drosten. „Der Studie nach zu urteilen glaube ich jetzt, dass wir eine durchlaufende Infektionswelle zu erwarten haben und das Maximum der Fälle zwischen Juni und August eintritt.“ Also sehr viel früher als gedacht.
Gibt es bald Medikamente zur Bekämpfung des Coronavirus?
Lars Fischer bei spektrum.de: „Im Februar erklärte Bruce Aylward von der Weltgesundheitsorganisation, Remdesivir sei derzeit der einzige Wirkstoff, von dem die Organisation annimmt, dass sie eine Wirkung hat. Hochwillkommen wäre ein wirksames Mittel gegen das Virus trotzdem. Allein dadurch ließe sich die Auswirkung großer Ausbrüche aufs Gesundheitssystem deutlich senken, ganz abgesehen von der Erleichterung für Patientinnen und Patienten. Schon Anfang April sollen die ersten Studien mit Remdesivir und anderen Wirkstoffen abgeschlossen sein. Fachleute rechnen fest damit, dass die ersten Medikamente dann bald verfügbar sind. Zum Beispiel sagte Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts: Wir sind optimistisch, dass in den nächsten Wochen solche Medikamente dann auch in Deutschland eingesetzt werden.“
https://www.spektrum.de/news/die-coronavirus-medikamente-kommen/1710678
Gibt es bald einen Impfstoff?
ZEIT ONLINE: Je mehr Menschen sterben, desto schneller geht die Suche nach einem Impfstoff?
Bachmann: Absolut. Im Fall von Ebola etwa wurde ein Impfstoff innerhalb von knapp zwei Jahren zugelassen, was ein unglaubliches Tempo war. Die Angst war einfach so groß, dass sich die Krankheit mit einer Mortalitätsrate von 50 Prozent noch weiter ausbreiten würde. Je akuter die Gefahr ist, desto eher werden Nebenwirkungen in Kauf genommen. Im aktuellen Fall von Covid-19 muss man natürlich die Entwicklung abwarten. Viele Infektionen, gerade in Deutschland oder der Schweiz, verlaufen derzeit ja vergleichsweise glimpflich.
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-03/impfstoff-coronavirus-immunologe-infektionen-virus-covid-19
Sind drastische Maßnahmen wie Schulschließungen nötig, um das Virus zu stoppen?
Birgit Herden bei welt.de: „Im Winter 1918/1919 starben allein in den USA 500.000 bis 675.000 Menschen an der Spanischen Grippe – allerdings verlief die Epidemie von Stadt zu Stadt sehr unterschiedlich. Das lag unter anderem daran, ob die Städte früh Schulschließungen und andere Maßnahmen einführten – zu diesem Ergebnis kamen 2007 unabhängig voneinander sowohl eine amerikanische Studie und eine Arbeit aus Großbritannien.“
Sebastian Funk, Centre for the Mathematical Modelling of Infectious Diseases der London School of Hygiene & Tropical Medicine, in welt.de: „Die Schulen in Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt zu schließen, das wäre nur sinnvoll, wenn man bereit ist, sie über einen langen Zeitraum, also über Monate hinweg, geschlossen zu halten oder sie erneut zu schließen, wenn sich die Fallzahlen erhöhen.“
Müssen wir jetzt Kneipen und Unis schließen?
Daniel Lingenhöhl bei spektrum.de: „Dafür versammeln sich hunderte Fans vor den Toren der Arenen, um dort gemeinsam zu singen, oder in Kneipen, wo sie die Spiele ihrer Mannschaft verfolgen. In Mannheim oder Berlin wurden Veranstaltungen mit 999 Besuchern organisiert oder »halbiert«, um unterhalb der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn formulierten Obergrenze von 1000 Besuchern pro Ereignis zu bleiben.
Auf die Vernunft der Öffentlichkeit oder der Veranstalter zu hoffen, führt also in die Irre und zu mehr Erkrankten und Toten. Die Politik muss endlich vorangehen: Sie sollte jede öffentliche Veranstaltung in den nächsten Wochen verbieten und staatliche wie private Einrichtungen schließen, in denen sich größere Menschengruppen versammeln. Das sollte für Kneipen wie Universitäten gelten. Womöglich muss man sogar an umfassende Reisebeschränkungen an Flughäfen und im Bahnverkehr denken. Ja, das wird massive wirtschaftliche Einbußen verursachen und vor allem kleinere Betreiber in existenzielle Nöte bringen. Aber der Staat zeigt sich bislang zumindest gewillt, zu unterstützen.“
https://www.spektrum.de/kolumne/deutschland-muss-alles-tun-um-das-coronavirus-einzudaemmen/1712330
Der Fußball in seiner eigenen Welt.
DFL: „Selbstverständlich werden sich die Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga mit den zuständigen Behörden an den jeweiligen Standorten wie bisher eng hinsichtlich des Ablaufs weiterer Spieltage abstimmen. Gleichzeitig steht es außer Frage, dass die Saison wie vorgesehen bis Mitte Mai zu Ende gespielt werden muss, um Auf- und Absteiger sowie die Teilnehmer für die internationalen Wettbewerbe zu ermitteln. Nur so erhalten Clubs und DFL trotz schwieriger Umstände für die kommende Spielzeit Planungssicherheit.“
https://www.dfl.de/de/aktuelles/information-zum-thema-corona-virus/
Ein Kommentar von Peter Ahrens auf spiegel.de: „Es ist eine Ausnahmezeit, in der wir uns befinden. Rund um das Thema Corona geht es um die ganz großen Fragen, um die Frage, wie solidarisch unsere Gesellschaft mit den Alten, mit den Kranken umgeht. Es geht tatsächlich, ohne übertreiben zu müssen, um Leben und Tod. Der Fußball scheint das jedoch noch nicht verstanden zu haben.“
https://www.spiegel.de/sport/fussball/coronavirus-und-der-fussball-in-seiner-eigenen-welt-a-959a819a-f86b-4ae5-a5d4-736e11346397
Thüringer Fußballverband: „Bei Infektionen von einzelnen Spieler*innen ist wie im Fall von Erkrankungen zu verfahren. Erkrankungen stellen keinen Fall höherer Gewalt dar.“
Thüringer Fußballverband: „Wir fällen als Fußball-Organisation keine unabhängigen Entscheidungen, sondern folgen den Entscheidungen der Kommunen und Behörden. „
Felix Böhm: „Denn mal ganz ehrlich, was nutzt ein durchgezogener Kreisliga-Spielplan, wenn ein Gesundheitssystem nicht mehr Herr der Lage wird? Fußball ist auch für mich die wichtigste Nebensache, aber manchmal nehmen wir uns zu wichtig. Und manchmal gibt es sogar Dinge – dachte nie das das mal von mir kommt – die sind wichtiger als Fußball. Übernehmt Verantwortung und leistet euren Beitrag dafür, dass jeder der Hilfe braucht, auch die nötige Versorgung bekommen kann. Das ist nämlich alles auch oftmals nur solange übertrieben bis vielleicht der eigene Großvater am Beatmungsgerät ist.“