Wenn am Freitag, dem 25. Juli 2025 um 20:45 Uhr im Bosuilstadion die Saison 2025/26 in der Jupiler Pro League angepfiffen wird, dann startet Royale Union Saint-Gilloise erstmals nach dem Wiederaufstieg als Meister und somit Gejagter in die Saison.
Endlich! Nach den zwei Vizemeisterschaften und einem dritten Platz in den Jahren nach dem Aufstieg hat Royale Union Saint-Gilloise im Sommer 2025 nach 90 langen Jahren den 12. Meistertitel errungen. Damit schrieb die Union nicht nur Vereinsgeschichte, sondern startet nun nicht mehr als ambitionierter Herausforderer, sondern als klarer Gejagter – als Mannschaft, die es zu schlagen gilt – in die Saison.
Auf der Trainerbank sitzt weiterhin Sébastien Pocognoli, der nach seinem erfolgreichen Debütjahr nun erstmals eine volle Vorbereitung als Chefcoach leiten konnte – ein Novum für einen Klub, der in den vergangenen Jahren regelmäßig seine sportliche Leitung verlor. Auch auf dem Platz bleibt die Kontinuität spürbar: Kernfiguren wie Christian Burgess – der englische Abwehrchef und Wortführer – sowie Kevin Mac Allister halten dem Klub weiterhin die Treue. Gemeinsam mit einem eingespielten Staff und vertrauter Vereinsführung geht Union mit einem vergleichsweise ruhigen Sommer in die neue Spielzeit.
Anthony Moris: Saudi-Arabien statt Champions League
Natürlich gab es, wie jedes Jahr im Parc Duden, wieder personelle Bewegungen – vor allem der Abgang von Torwartlegende Anthony Moris (35) sticht heraus. Kaum ein Name stand in den letzten fünf Jahren so sehr für die Identität von Union SG wie Anthony Moris. Der 35-jährige Torwart war nicht nur sportlich eine Bank – mit 232 Einsätzen und 81 Spielen ohne Gegentor – sondern auch emotionaler Anker, Kapitän und Leader. Gemeinsam mit Guillaume Francois und Christian Burgess war er seit dem Sommer 2000 ein wichtiger Bestandteil dieser erfolgreichen Mannschaft und somit eine echte Identifikationsfigur.
Sein Wechsel nach Saudi-Arabien zu Al‑Khaleej fällt daher nicht nur sportlich schwer, sondern auch persönlich bedeutsam. Moris unterzeichnete dort einen Zweijahresvertrag bis 2027, mit Option auf eine dritte Saison – und soll Schätzungen zufolge das Zehnfache seines belgischen Gehalts erhalten, was ihm „ein Angebot, das man nicht abschlagen kann“ einbrachte.
Zuvor soll es laut „dhnet.be“ zahlreiche Gespräche mit seinem alten Arbeitgeber gegeben haben. Da sich beide Parteien allerdings nicht über die Bedingungen einer möglichen Vertragsverlängerung einigen konnten, blieben diese Verhandlungen erfolglos. Doch der Verein zeigte Transparenz und Rücksicht: Union gewährte Moris offiziell die Erlaubnis, internationale Gespräche zu führen – aus diesem Grund fehlte er sogar im Testspiel gegen Feyenoord, obwohl er fit war. Es war somit ein offener Prozess, der den hohen Stellenwert Moris’ innerhalb der Klubführung deutlich machte. „Es ist schade für uns, aber ich bin glücklich für ihn“, kommentierte Trainer Pocognoli den Abschied.
Kjell Scherpen (25)
Mit der Verpflichtung von Kjell Scherpen hat Union Saint-Gilloise auf eine der zentralen Fragen dieses Transfersommers eine Antwort gefunden. Der 25-jährige Niederländer soll nach dem Abgang von Anthony Moris die neue Nummer 1 im Tor werden – und bringt dafür beeindruckende Voraussetzungen mit. Nach zwei Meisterschaften und einem Pokalsieg mit SK Sturm Graz unterzeichnete der Torhüter einen Vertrag bis 2028 bei Royale Union Saint-Gilloise.
Weiterhin stehen Union mit Vic Chambaere (22) und Giorgi Kavlashvili (18) zwei junge Keeper bereit – allerdings fehlt beiden die notwendige Erfahrung, um die Nummer 1 in einer Saison mit Dreifachbelastung zu übernehmen.
Ein Kader im Wandel
Doch nicht nur auf der Torhüter-Position verlor RUSG wichtige Spieler. Bei Franjo Ivanović ist die Frage vermutlich nicht mehr, ob er Union verlässt – sondern nur noch wohin. München, Frankfurt oder Lissabon. Die kommenden Stunden oder Tage werden für Aufklärung sorgen. Noah Sadiki, dynamischer Mittelfeldmotor, verlässt Union in Richtung Sunderland, die rund 17 Mio. € überweisen. Sadiki war Dreh- und Angelpunkt im Zentrum. Der Pokalheld Koki Machida wechselt für 5 Mio. € zu Hoffenheim. Hinzu kommen die Abgänge von Elton Kabangu zu Heart of Midlothian) und Casper Terho zu OH Leuven.
Die Medien sprechen von fast 40 Mio. € Verkaufserlös. Ein möglicher Wechsel von Mohamed Amoura gerät dabei manchmal aus dem Fokus. Der algerische Nationalspieler wechselte bereits im Sommer 2024 auf Leihbasis mit Kaufoption zum VfL Wolfsburg: 8 Tore und 6 Vorlagen in nur 19 Einsätzen machten ihn zu einer der Entdeckungen der Bundesliga-Saison. Sein Spiel lebte von unbändigem Tempo, explosiven Richtungswechseln und einem exzellenten Abschluss – Eigenschaften, die ihn schnell zum Ziel internationaler Topklubs machten. So verhandelt aktuell der FC Liverpool konkret über eine Verpflichtung Amouras – laut verschiedenen Medienberichten liegt Wolfsburgs Schmerzgrenze inzwischen bei rund 40 Millionen Euro. Auch Arsenal und Eintracht Frankfurt sollen Interesse signalisiert haben. In jedem Fall bereitet sich Wolfsburg darauf vor, die Kaufklausel des Spielers für geschätzte 14,5 Mio. € zu aktivieren.
Neue Hoffnungsträger
In Bezug auf Neuverpflichtungen hat Union SG den Sommer eher ruhig begonnen – doch zwei Neuzugänge stechen hervor und sollen mittelfristig den Kader prägen. So verpflichtete RUSG Adem Zorgane, den starken und erfahrenen Mittelfeldspieler von Sporting Charleroi, für rund 5 Millionen Euro. Der algerische Nationalspieler, zuletzt Teamkapitän mit 140 Einsätzen für Charleroi, unterschrieb einen Vertrag bis 2029. Mit seiner Ballkontrolle, Übersicht und Spielintelligenz soll er im Parc Duden zur neuen Gestalter des Mittelfelds werden. „Er ist jedoch kein eins-zu-eins Ersatz für Sadiki – vielmehr soll vermutlich Kamiel Van De Perre in diesem Bereich weiter wachsen und mittelfristig eine Schlüsselrolle übernehmen“, vermutet Florent Malice von walfoot.be.
Eine weitere Verpflichtung ist der 24-jährige Österreicher Raul Florucz vom slowenischen Meister Olimpija Ljubljana. Mit 15 Toren und 11 Vorlagen in 42 Ligapartien ließ er kaum Zweifel an seinem Wert. Er unterschrieb bei Union einen Vertrag bis 2029. Florucz kommt als spielstarker, flexibler Flügelstürmer – und könnte ein potentieller Nachfolger für Franjo Ivanović sein. Die Ablösesumme lag offensichtlich ebenfalls bei rund 5 Millionen Euro.
Neben den externen Verpflichtungen verlässt sich Union SG auch auf eigene Talente. Am 1. Juli 2025 wurde Cristian Makaté, ein vielversprechender Offensivspieler aus der Akademie, offiziell in den Profikader aufgenommen und sein Vertrag bis 2029 verlängert. Der 22-Jährige gehört seit Jahren zu den Top-Talenten im Nachwuchs und soll langfristig bei Champions-League-Auftritten einsetzbar gemacht werden.
Nach der Ära Geraerts und dem kurzen Intermezzo von Alexander Blessin ist Sébastien Pocognoli nun erstmals Cheftrainer zum Saisonbeginn. Der frühere Standard-Linksverteidiger genießt intern viel Vertrauen, doch seine Aufgabe ist gewaltig: Aus einem Kader mit vielen Fragezeichen ein stabiles, konkurrenzfähiges Team zu formen.
Sein Vorteil: Die taktische DNA von Union bleibt erhalten – hohes Pressing, flüssiges Umschaltspiel, intensive Zweikämpfe. Doch ohne verlässliche Strukturen – vor allem im Tor und im Sturm – könnte es ein schwerer Start werden.
Fazit: Zwischen Umbruch und Unsicherheit
RUSG geht mit viel Kapital, aber noch ohne klare sportliche Linie in die neue Saison. Der Verlust von Moris wiegt schwer – emotional wie spielerisch. Dass Sadiki, Machida und vermutlich Franjo Ivanović den Verein verlassen, war wirtschaftlich klug, bleibt wie jedes Jahr aber sportlich jedoch riskant. Auf der anderen Seite sorgt Sébastien Pocognoli für Stabilität auf der Trainerbank. Der Meistertrainer genießt viel Vertrauen, doch seine Aufgabe ist gewaltig: Aus einem Kader mit noch einigen Fragezeichen ein stabiles, konkurrenzfähiges Team für Liga, Pokal und Champions League zu formen. Damit steht Pocognoli und sein Team mit der Dreifachbelastung vielleicht vor der schwersten Saison seit dem Wiederaufstieg. Aber wenn Union eines bewiesen hat, dann: Sie sind für Überraschungen gut.
Quellen
- WALFOOT.be: L’Union peut-elle faire aussi bien ? Le défi impossible de Pocognoli
https://www.walfoot.be/news/2025-07-23/lunion-peut-elle-faire-aussi-bien-le-defi-impossible-de-pocognoli - BRF: Union Saint-Gilloise: Anthony Moris verhandelt mit saudi-arabischem Erstligisten
https://brf.be/sport/1987931/ - Wort.lu – Vertragsdetails von Anthony Moris bei Al-Khaleej
„Vertrag bis 2027: Deshalb wechselt Anthony Moris nach Saudi-Arabien“
https://www.wort.lu/sport/vertrag-bis-2027-deshalb-wechselt-anthony-moris-nach-saudi-arabien/78214269.html - Transfermarkt – Transfersommer 2025 von Union Saint-Gilloise
Transfers, Marktwerte, Zu- und Abgänge
https://www.transfermarkt.de/union-saint-gilloise/transfers/verein/3948/saison_id/2025 - Wikipedia (englisch) – Kader und Transfers der Saison 2025/26
https://en.wikipedia.org/wiki/2025%E2%80%9326_Royale_Union_Saint-Gilloise_season - Wikipedia (englisch) – Kaderübersicht der Saison 2024/25 zur Überprüfung von Spielereinsätzen 2024–25 Royale Union Saint-Gilloise season
https://en.wikipedia.org/wiki/2024%E2%80%9325_Royale_Union_Saint-Gilloise_season - Tips.gg – Berichterstattung über Wechselabsichten von Anthony Moris
„National goalkeeper Anthony Moris eyes Saudi Pro League move“
https://tips.gg/de/article/national-goalkeeper-anthony-moris-eyes-saudi-pro-league-move/ - RTL.lu – Luxemburgische Perspektive zum Wechsel von Moris
„Moris verléisst d’Belsch a spillt an der Saudi Pro League“
https://www.rtl.lu/sport/news/a/2321572.html - Wikipedia (italienisch) – Spielerprofil und Wechsel von Noah Sadiki
https://it.wikipedia.org/wiki/Noah_Sadiki - Brighton & Hove Albion – Offizielle Website des Partnerklubs
https://www.brightonandhovealbion.com/ - RUSG
https://rusg.brussels/en/news/cristian-makate-extends-his-contract-until-2029-and-joins-first-team